Die LIPSCHULE setzt im 1. Zyklus auf die Prinzipien von Maria Montessori. Denn Kinder zwischen 3 und 9 Jahren verfügen über grossen Tatendrang und einen schier unstillbaren Wissensdurst. Wieso sie das für ebendiese Form der Pädagogik prädestiniert, haben uns Annett Romont und Daniel Schubiger im persönlichen Gespräch verraten.
Was bedeutet es konkret für die Schülerinnen und Schüler im 1. Zyklus, dass die LIPSCHULE auf die Montessori-Pädagogik setzt?
Annett Romoth: Das bedeutet in erster Linie, dass die Schülerinnen und Schüler handlungsorientiert, selbstbestimmt und individualisiert lernen und arbeiten. Der Grundsatz «Hilf mir, es selbst zu tun» ist dabei zentral und setzt voraus, dass die Lehrpersonen sich zurücknehmen können und begleitend agieren. Aber auch, dass die Kinder ihr Lerntempo selber bestimmen können und viel Zeit haben, entsprechend ihren Interessen und Fähigkeiten Lerninhalte und Tätigkeiten zu bestimmen. Sie lernen früh, in einer altersdurchmischten Lerngruppe zu arbeiten, in der es darauf ankommt, sich gegenseitig zu helfen, sich zu unterstützen, Toleranz und Respekt anderen gegenüber zu üben, aber beides auch zu erfahren. Sie können ihre Lernpartnerinnen und -partner selber auswählen, werden schon in jungen Jahren an Team- und Gruppenarbeiten herangeführt und bereiten sich dadurch frühzeitig auf die Anforderungen der heutigen Gesellschaft vor.
Das klingt erst einmal super. Gibt es aus Ihrer Sicht noch weitere Vorteile?
Annett Romoth: Unsere Schülerinnen und Schüler lernen schon sehr früh, auf ihre Fähigkeiten zu vertrauen. Wir beobachten immer wieder, dass die Motivation durch den handlungsorientierten, auf die Stärken fokussierten Ansatz lange erhalten bleibt. Der Unterricht am Vormittag wird durch die Freiarbeit bestimmt, während der die Kinder für drei Stunden ungestört sind und ohne Unterbrechung von aussen arbeiten können. Sie haben dadurch Zeit, bestimmte Themen zu vertiefen, auszuprobieren, zu entdecken und zu forschen. Durch den Umgang mit den Montessori-Materialien werden zudem ihr Tatendrang und ihre Vorstellungskraft angeregt und ausgebildet. Der Unterricht ist dadurch besonders anschaulich. Bei all dem sind wir an den Lehrplan 21 gebunden und unterrichten stets kompetenzorientiert.
Gibt es auch Nachteile?
Annett Romoth: Die vorbereitete Umgebung ist ein sehr wichtiger Bestandteil einer Montessori-Schule. Diese einzurichten, zu pflegen und immer wieder den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler anzupassen, setzt ein hohes Mass an Umsicht, Zeit und Beobachtungsgabe vonseiten der Lehrpersonen voraus. Die Ausbildung zur Montessori-Lehrperson ist sehr zeitaufwendig und kostenintensiv. Es ist nicht immer einfach, fundiert ausgebildete, von der Association Montessori Internationale (AMI) anerkannte Lehrerinnen und Lehrer zu gewinnen. Der Einsatz der Montessori-Materialien, deren Darbietung und die Drei Stufen-Lektionen müssen von den Lehrpersonen sicher beherrscht und umgesetzt werden. Zudem ist es eine gängige Vorstellung, dass die Kinder an einer Montessori-Schule machen können, was immer sie wollen. Das dem nicht so ist, gilt es immer wieder zu bekräftigen. Bei uns sind die Schülerinnen und Schüler in Rituale und Tagesstrukturen eingebettet. Wir erwarten die Bereitschaft, lernen zu wollen, sich in eine Gemeinschaft einfügen zu können und ein wohlwollendes, emphatisches Verhalten anderen gegenüber an den Tag zu legen.
Wieso arbeitet die LIPSCHULE im 2. und 3. Zyklus nicht mehr nach den Prinzipien der Montessori-Pädagogik?
Daniel Schubiger: Die Montessori-Pädagogik legt eine wunderbare Basis für sämtliche fachlichen und überfachlichen Kompetenzbereiche, was der Arbeit im 2. und 3. Zyklus sehr dienlich ist. Dazu gehören insbesondere die Stärkung des Vorstellungsvermögens, das Aneignen von Fachkompetenzen in den Unterrichtsfächern und der verbesserte Umgang mit den Mitmenschen. Lernen heisst Erfahrungen sammeln, sei es durch das Hören, Sprechen, Schreiben oder Handeln.
Ist der Anschluss an den nächsten Zyklus dennoch gewährleistet?
Daniel Schubiger: Ja, der Anschluss an den 2. Zyklus (3. bis 6. Klasse) ist gewährleistet. Die Gruppengrösse bleibt bestehen und somit auch die Anzahl Lehrpersonen, welche für die Begleitung und Förderung verantwortlich ist. Die Arbeitsformen, das heisst Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeiten, das Arbeiten gemäss den Interessen und Fähigkeiten und die Stärkung der Persönlichkeit finden nach dem 1. Zyklus eine nahtlose Fortsetzung.