Die Pariser Vorstädte sah man schon von weitem aus dem Zug. Sie türmten sich mit der Zeit immer mehr auf wie weisse, quadratische Wolken am Horizont. Von den ersten Gebäuden bis zum Bahnhof verschmolzen die Plattenbauten immer mehr mit den typischen, verzierten Stadtblöcken Paris`. Ausgestiegen am Gare de Lyon warteten wir auf unsere Lehrerinnen, die noch für uns Tickets beschaffen mussten. Mein Blick schweifte über die von Drehkreuzen übersähte Halle, in der die Ticket Schalter und Automaten wie von einem schlechten Tetris-Spieler platziert wurden und alle hell-türkise Akzente hatten. Von den neu erworbenen Tickets Gebrauch gemacht, stiegen wir aus der Métro aus und liefen zu Fuss eine breite Allee hinunter, in deren Mitte Trams auf und ab fuhren. Unser Hotel lag an einer Seitenstrasse, die zu einem kleinen Autobahnkreuz führte. Das Hotel war sauber und ein Neubau. Dieser Montag, an dem wir abreisten, war zwar nicht wolkenlos, doch die Sonne drückte immer wieder durch, was einen nur noch spektakuläreren Sonnenuntergang zur Folge hatte, denn das rötliche Licht durchdrang, spaltete und umhüllte die Wolken in einem spektakulären Zusammenspiel. Wir beschlossen den «Reisetag» am Fusse der Sacré Cœur ausklingen zu lassen.
Die Luft war einzigartig. Sie hatte eine gewisse Greifbarkeit, die ich nur so beschreiben kann, als wäre die Luft ein Schleier aus Seide, den man mit einer Stoffschere durschneiden könnte.
Wahrscheinlich war es einfach der Feinstaub.
Die Eindrücke der nächsten Tage sind mir nur zu gut in Erinnerung geblieben. Wenn ich jetzt die Eindrücke in wenigen Worten beschreiben müsste, dann so, dass sie gegensätzlicher nicht sein könnten. Von den extrem minimalistischen Skulpturen Brancusis, bis hin zu den impressionistischen Werken Monets und Chagalls Expressionismus im Musée d’Orsay, war alles dabei.
Diese Gegensätze aber machen Paris auch so fest und beständig. Paris fühlt sich, trotz vieler Touristen und Touristinnen nicht wie ein Museum an, sondern wie eine Stadt, die dieses Tourismusgeschäft so nebenbei macht. Nach diesem Glaubenssatz leben auch die Bewohner. Eine Stadt, dessen Stadtteile so zusammenhängen, wie die Haut eines Fisches! Zusammenhängend, doch wenn man den Fisch ins Licht hält, gibt jede Schuppe eine leicht andere Farbe ab. Eine einzigartige Stadt!
Wir versuchten ausserdem das Panthéon zu besuchen, was zwar scheiterte, doch, glaube ich, war einfach schon der Anblick von aussen, der Aufwand des Weges wert. Generell gesprochen hatten wir aber eher Glück. Wir mussten nirgends wirklich lange anstehen und auch das Wetter spielte mit. Doch man kann nicht über Paris sprechen, ohne den Eiffelturm zu erwähnen. Diese riesige Metallkonstruktion, dessen Träger doch so filigran gebogen sind und dem Gebäude eine gewisse Leichtigkeit geben, überragt das Stadtbild!
Zum Schluss muss ich noch von einer Person berichten, welche mich mehr oder weniger die ganze Reise begleitete. Diese Person, schlank, nicht speziell gross und einem Erscheinungsbild, das einem Mönch ähnelt, wollte wahrscheinlich Geld, doch er war kein normaler Bettler. Er sprach schnell blieb meistens in den Verbindungsstücken der U-Bahn stehen und hatte ein Kartonschild unleserlich bemalt. Es schien, als wolle er uns irgendwie belehren, doch machte er den Eindruck, als würde ihn jemand verfolgen. Er bewegte seinen Kopf aus unersichtlichem Grund immer wild hin und her als würden ihn Personen von beiden Seiten einkesseln wollen. Was er genau sagte, verstand ich nicht, doch hinterliess er eine gewisse Stimmung der Aufgewühltheit, welche ihn wahrscheinlich wirklich unablässig verfolgte.
Die Zeit verflog und schon mussten wir wieder unsere Sachen packen. Wir stiegen wieder in den TGV und als wir aus Paris fuhren, zogen Wolken auf…
Niklas Neuhaus, SJ 11